Steuern, Liquidität und kalkulatorischer Unternehmerlohn:
Wie hängt das alles zusammen?

Krisenthema Nr. 1 in unseren Beratungsgesprächen mit Unternehmern ist das Thema Steuern. Selbst gestandene Unternehmerpersönlichkeiten neigen dazu, die Höhe der Steuern zu unterschätzen und geraten dann in ernsthafte Zahlungsengpässe. Wie kommt es dazu?

Das Hauptproblem ist: Sobald die Geschäfte gut laufen, werden einige Unternehmer zu sorglos und unterschätzen die Höhe der Steuern, die sie später zu zahlen haben. Denn mit den Gewinnen steigen nun mal auch die Steuern. Und wenn das Finanzamt dann die zu wenig gezahlten Steuern verlangt, ist schnell die Liquidität bedroht – und damit im schlimmsten Fall sogar die Zukunft des Unternehmens!

Gehen wir das Ganze mal an einem Beispiel durch: Stellen Sie sich vor, Sie geben Ihre Einkommensteuererklärung zusammen mit Ihrer gewerblichen Steuererklärung für das Vorjahr (also für 2020) im Oktober 2021 ab. Sie haben zwei gute Jahre hinter sich, in denen Ihr Gewinn und Ihr Unternehmerlohn höher waren als in den Jahren zuvor. Ein Abschwung ist nicht in Sicht und so sehen Sie keinen Grund, sich Sorgen zu machen. Und dann das: Das Finanzamt verlangt eine saftige Nachzahlung, und zwar gleich in dreifacher Hinsicht:

  • Erstens müssen Sie für das gesamte Jahr 2020 Steuern nachzahlen, weil Ihre geleisteten Steuervorauszahlungen sich angesichts der Gewinnsteigerung als zu niedrig herausgestellt haben. 
  • Zweitens müssen Sie fast ebenso viel für die ersten zehn Monate des laufenden Jahres es nachzahlen, um die Differenz zwischen Ihrer alten und der aktualisierten Steuervorauszahlung auszugleichen. 
  • Und drittens steigt Ihre monatliche Steuervorauszahlung, weil diese ab sofort nach oben korrigiert wird. 

Ihre Liquidität wird gleich von drei Seiten angeknabbert. Wenn Sie das Geld nicht zurückgelegt haben, können Sie schnell zahlungsunfähig werden, obwohl oder besser: gerade weil Ihr Unternehmen gut verdient hat.

Um das zu verhindern, planen Sie immer 30 bis 40 Prozent des Gewinns für die Steuer ein. Am besten, Sie schieben dieses Geld auf ein Extra-Konto, damit Sie nicht dazu verführt werden, es auszugeben. Die Steuervorauszahlung, die Sie mit dem Finanzamt vereinbart haben, können Sie zu diesem Betrag hinzurechnen. Sie allein bewahrt Sie allerdings nicht vor einem „Nachzahlungsschock“. 

Zwar geht es hier um Ihre Einkommenssteuer, aber unabhängig davon, wie viel Sie sich als Privatentnahme ausgezahlt haben können Sie mit bis zu 40 Prozent Steuer rechnen. Wie hoch der Anteil in Ihrem Fall genau ist, sagt Ihnen Ihr Steuerberater. 

Das Phänomen gibt es auch andersherum: Bei fallenden Gewinnen sinkt Ihre Steuerlast. In dieser Situation können Sie Liquidität freisetzen, indem Sie bereits geleistete Steuervorauszahlungen zurückverlangen bzw. Ihre monatliche Vorauszahlung nach unten anpassen. Deswegen ist es sinnvoll, auch bei fallenden Gewinnen frühzeitig die Steuererklärung zu machen oder beim Finanzamt anzurufen, und mithilfe einer aktuellen BWA Ihre Vorauszahlung zu senken. 

Wir merken uns: Etwa 30 bis 40 Prozent des Gewinns sollten für die Steuer eingeplant werden. Das gilt für alle Rechtsformen. Allerdings ist der Gewinn in der Personengesellschaft meist etwas höher, weil der Unternehmerlohn hier nicht als Teil der Betriebskosten vom Gewinn abgezogen wird.

Wenn Sie eine Personengesellschaft haben, ist es besonders wichtig, an die Steuer zu denken. Entnehmen Sie nur so viel Geld, dass es für die Steuer reicht oder lassen Sie das entnommene Geld zumindest bis zur Steuerabrechung mit dem Finanzamt auf dem Sparbuch liegen. 

Denken Sie daran: Im Einzelunternehmen und in der Personengesellschaft gibt es kein Geschäftsführergehalt, sondern einen kalkulatorischen Unternehmerlohn. Er ist das, was am Ende vom Gewinn übrigbleibt – nach Abzug aller betrieblichen Kosten, der Liquiditätsreserve und den Rücklagen für die Steuer. 

Zahlenbeispiel:

Sie gehen davon aus, dass Sie mit Ihrer GbR zu zweit 90 TEUR im Jahr nach Abzug aller Betriebskosten verdienen. Sie ziehen für die Steuer 36 TEUR ab und legen sie beiseite (das sind 40 Prozent). Die restlichen 54 TEUR teilen Sie durch zwei Personen und 12 Monate und zahlen sich jeden Monat den kalkulatorischen Unternehmerlohn von 2250 EUR aus. So können Sie einigermaßen sicher sein, dass das Finanzamt Ihrer Liquidität nichts anhaben kann.

Natürlich checken Sie anhand Ihrer Liquiditätsplanung, ob es irgendwann zu Engpässen kommt. Ist das der Fall, müssen Sie wohl oder übel Ihren Unternehmerlohn senken. Denn: Entnehmen Sie in der Personengesellschaft mehr als der Betrieb hergibt, entsteht ein sogenanntes Minuskapital, das Gegenteil von Eigenkapital. Das macht Banken nervös und sollte wenn möglich verhindert werden.

Was ist also die Kernbotschaft zum Thema Steuern, Liquidität und kalkulatorischer Unternehmerlohn: Vergessen Sie unter keinen Umständen, ausreichend Geld für die Steuer zurückzulegen. Ganz besonders bei Personengesellschaften stellen die Nachforderungen des Finanzamts eine echte Gefahr für die Liquidität dar – und zwar gerade dann, wenn die Umsätze sich besser entwickeln als zuvor!

zurück zur Übersicht
bhp